

In den immer dunklen Tiefen unserer Ozeane lebt eine Vielfalt an Tieren, die unterschiedliche Strategien verwenden um ihre Umgebung zu erhellen. Unter ihnen sind sogar Tiefseekorallen. Die Produktion von Licht wird auch „Biolumineszenz“ genannt. Im Wesentlichen ist „Biolumineszenz“ das Produkt einer oxidativen Reaktion, in der Energie in Form von Licht freigesetzt wird. Die Produktion von Licht ist für viele Organismen essentiell, um zu kommunizieren, Feinde abzuschrecken oder Beute anzulocken. Manche Organismen haben außerdem fluoreszierende Proteine entwickelt, um das Licht in unterschiedlichste Farben zu verwandeln. Ein Beispiel ist die Qualle Aequorea victoria. Die Entdeckung von grün fluoreszierendem Protein hat die moderne Biologie revolutioniert und zum Beispiel geholfen, Medikamente gegen Viren zu entwickeln. Leider ist die Tiefsee gefährdet – nicht nur durch die Weise, wie wir an Land leben, sondern auch durch die zunehmende Anzahl an Unternehmen, die rücksichtlose – nicht nachhaltige – Rohstoffgewinnung in der Tiefsee betreiben wollen. Durch die Zerstörung der Tiefsee verspielen wir unsere Chance Entdeckungen zu machen, die unser Leben nachhaltig verbessern können.
Woods Hole ist ein kleines, normalerweise verschlafenes Fischerdorf in Cape Cod, in der Nähe von Boston. Es wird jedoch immer wieder im Sommer von einer Horde enthusiastischer Biologiestudenten überlaufen, die bis in die Nacht oder den frühen Morgen hinein marine Organismen studieren. Zu Beginn meiner Doktorarbeit hatte ich die Möglichkeit, Woods Hole zu besuchen, um Experimente an Seesterneizellen zu machen – auch eine interessante Geschichte, die jedoch ein anderes Mal erzählt werden muss. Woods Hole ist ein Ort, an dem bahnbrechende Entdeckungen gemacht werden, die auch häufiger zum Nobelpreis geführt haben. Als ich ankam, erzählten mir ein paar Wissenschaftler mit leuchtenden Augen, dass man während mancher Sommernächte, wenn das Wasser warm genug ist, mit funkelnden Sternen im Meer schwimmen kann. Fiebernd erwartete ich den Moment, bis sich tatsächlich das Gerücht verbreitete, dass jetzt die Zeit gekommen war. Mit einem ganzen Haufen anderer Wissenschaftler gingen wir ins Meer und wurden von dem bläulichen Licht, welches immer dann erschien wenn man das Wasser aufwirbelte, verzaubert. Diese Nacht hörte man so viel „wooh“, „ahhhhs und „oohs“ bis die Polizei kam und uns mit ihren besonders grellen Taschenlampen aus dem Wasser fischte.
Die Quelle des Lichts waren Dinoflagellaten – kleine marine Plankton, die im Meer leben. Sie gehören zu einer großen Gruppe an Organismen, die Licht produzieren können. Wir nennen die Produktion von Licht durch Organismen „Biolumineszenz“. Wenn wir an lichtproduzierende Organismen denken, fallen uns direkt Glühwürmchen oder der merkwürdig aussehende Anglerfisch ein, aber nicht viel mehr. Unsere Erde wird aber tatsächlich von einer Vielzahl unterschiedlichster Lebewesen bevölkert, die mit Licht spielen. Tatsächlich sind blühende Pflanzen und auf dem Land lebende Wirbeltiere (Vögel, Amphibien und Säugetiere) Ausnahmen in der Evolution, die nur Spezies hervorgebracht haben, die nicht leuchten können. Die meisten biolumineszenten Organismen leben dort wo es am meisten Sinn macht: in den immer-dunklen, kristallklaren tiefen Wassern unserer Ozeane. Licht, welches von einem kleinen Tierchen produziert wird, kann meilenweit entfernt noch gesehen werden und dient somit der Kommunikation, dem Suchen von Paarungspartnern, dem Abschrecken von Fressfeinden oder Anziehen von Opfern. Wie viel mit Licht in der Tiefsee gespielt wird, wird deutlich wenn man die Mägen der Meeresbewohner betrachtet: Auch wenn Tiefseebewohner meistens vollständig transparent sind, sind die Mägen häufig pigmentiert und damit undurchsichtig. Woran liegt dies? Nun, die meisten Organismen produzieren Licht wenn sie gefressen werden und nehmen so Rache an ihren Jägern, die nun einfach von ihren eigenen Fressfeinden gefunden werden können. Durch die Produktion von Pigmenten im Magen wird die leuchtende Nahrung versteckt und somit bleiben die Jäger weiterhin in der Dunkelheit versteckt. Auch Korallen können Licht produzieren, wie folgendes Video zeigt, welches erst dieses Jahr publiziert wurde:
Wie schaffen es all diese Organismen im Dunkeln zu funkeln und zu leuchten? Im Baum des Lebens finden wir Biolumineszenz in unterschiedlichen Organismen, die nicht zwangsläufig miteinander verwandt sind. Man geht daher davon aus, dass im Laufe der Evolution Biolumineszenz mehrfach entwickelt wurde. Biolumineszenz ist das Endergebnis einer chemischen Reaktion, in der unterschiedliche Stoffe, die übergreifend Luciferine genannt werden, oxidiert werden. Während dieser Oxidation wird Energie in Form eines Photons freigesetzt, was wir als Licht wahrnehmen. Natürlich finden diese Reaktionen nicht spontan statt. Stattdessen werden Katalysatoren verwendet, die diese Reaktionen erlauben. In der Biologie werden diese Katalysatoren Enzyme genannt. Auch wir Menschen nutzen eine Vielzahl unterschiedlicher Enzyme, um all die Reaktionen, die wir für unser Leben brauchen, durchführen zu können. Enzyme, die zur Lichtproduktion beitragen, werden Luciferasen genannt. Biolumineszente Organismen nutzen unterschiedliche Strategien, um Luciferin und Luciferase zu produzieren: manche tragen Gene, um sowohl Luciferin als auch Luciferase selbst zu produzieren (z.B. das Bakterium Vibrio fisheri), andere fressen biolumneszente Organismen und recyceln Luciferase und Luciferin (z.B. Goldener Glasfisch) und schließlich gibt es noch Organismen, die bestimmte Organe entwickeln, in denen sie Bakterien kultivieren, die leuchten können (z.B. Anglerfisch).
Eine Revolution in der Biologie dank Entdeckungen in einer Qualle
Einer der Nobelpreisträger, der gerne nach Woods Hole kam, war Osamu Shimomura. Er war besonders von dem Licht der im flachen Wasser lebenden Qualle Aequorea victoria fasziniert. Seine Arbeit revolutionierte die Biologie, sodass ohne seine Entdeckung meine alltäglichen Experimente als PhD Student nicht möglich wären. Prinzipiell produziert Aequorea victoria blaues Licht durch Biolumineszenz. Jedoch strahlt die Qualle auch grünes Licht aus. Wie kann das sein? Dafür nutzt Aequorea victoria einen speziellen Trick: Fluoreszenz. Fluoreszenz ist fundamental anders als Biolumineszenz, wird aber häufig verwechselt: Während Biolumineszenz findet eine chemische Reaktion statt, bei der ein Photon freigesetzt wird, was wir als Licht wahrnehmen. Bei Fluoreszenz benötigt man eine Lichtquelle, die Elektronen auf ein energiereicheres Orbit (Umlaufbahn um den Nucleus eines Atoms) anhebt. Sobald das Elektron wieder auf das energieärmere Orbit zurückfällt, wird Energie und damit Licht freigesetzt. Dieser Prozess ist schnell, sodass man das Licht nur sieht während man Licht auf den fluoreszierenden Stoff scheint/strahlt (im Unterschied zu Biolumineszenz, bei der Licht auch im völlig Dunkeln entsteht). Das Licht zur Aktivierung hat eine höhere Energie (bläulich) als das, was emittiert wird (rötlich). Im Fall von Aequorea victoria wird zunächst blaues Licht über Biolumineszenz produziert, welches dann in grünes Licht über das grün-fluoreszierende Protein (GFP) umgewandelt wird.
In der modernen Biologie wird GFP und auch andere fluoreszierende Proteine, die Licht in unterschiedlichen Farben ausstrahlen, extensiv genutzt. Wenn wir wissen wollen, wo ein Protein in der Zelle lokalisiert oder wie es sich bewegt und verhält, verbinden wir über genetische Modifikation das fluoreszierende Protein mit dem Protein, für das wir uns interessieren. Wenn man dann ein Mikroskop benutzt und Licht auf die Zelle scheint, können wir live beobachten, was das Protein macht. Die Entdeckung von GFP in Kombination mit der Möglichkeit ein Protein genetisch zu markieren hat nahezu alle Felder der Biologie revolutioniert. Dies half uns zum Beispiel zu entdecken, welchen Weg ein Virus durch eine infizierte Zelle geht und damit therapeutische Produkte zu entwickeln. Schau Dir folgendes Video an, um zu sehen welch schöne Aufnahmen wir von unseren Zellen mithilfe von GFP aufnehmen können:
Dies zeigt wieder wie alle Länder unserer Erde zusammenarbeiten müssen, um unsere Ozeane nachhaltig zu nutzen. Die Vereinten Nationen haben 2021 – 2030 als Jahrzent der Ozeanwissenschaften für nachhaltige Entwicklung ausgerufen. Lasst uns zusammenarbeiten, sodass es tatsächlich ein Jahrzehnt für nachhaltige Entwicklung wird und nicht für rücksichtslose Ausnutzung.
The decade of ocean science for sustainable development
Um sich näher mit dem Thema zu befassen:
Haddock SH, Moline MA, Case JF. Bioluminescence in the sea. Ann Rev Mar Sci. 2010;2:443-93. doi: 10.1146/annurev-marine-120308-081028. PMID: 21141672
Link zur offiziellen Webseite der Initiative "Dekade der Ozeanwissenschaften für nachhaltige Entwicklung": https://www.oceandecade.org
Thanks to Trevor McKinnon for providing the photo on unsplash.
„Biolumineszenz“Fluoreszenz
Das Problem von der Entstehung des Lichts in der Tiefsee wurde sehr verständlich erklärt. Dies gilt insbesondere auch für den Unterschied zwischen Biolumineszenz und Fluoreszenz. Der Text ist ohne
chemische und biologische Kenntnisse zu verstehen. Die Gefahren für diese faszinierende Welt werden gut beschrieben